Jahresendgalopp
Mails mit Wumms? Geht es Euch auch so? Wenn die Fristen näher rücken, beginnt die Zeit, in der wir unsere Jahresabschlüsse und Steuererklärung verstärkt vorantreiben wollen – na ja: müssen. Und jedes Jahr das gleiche Spiel, oder? Wir fragen nach fehlenden Belegen und/ oder Mandanten sollen Dinge entscheiden, damit wir Bilanz und Co. fertigstellen können. Und je näher Weihnachten rückt, desto schneller nähert sich der Zeiger auf unserem „Stress-Drehzahlmesser“ dem roten Bereich. Die Folge: Überlastung und schlechtere Stimmung – jeder ist irgendwie genervt. Unseren Mandanten geht es offenbar genauso. Wir nennen das mit einem gewissen Galgenhumor den „Jahres-End-Galopp“.
Der Weg zur Entspannung
Letztes Jahr haben wir angefangen, dieses Phänomen wirklich mal zu analysieren und uns Maßnahmen zu überlegen, die dazu führen sollten, dass wir nicht mehr japsend unter dem Weihnachtsbaum liegen, weil wir bis kurz vor Schluss noch irgendwelche Dinge fertigstellen mussten.
Unsere organisatorischen Maßnahmen habe ich ja bereits im letzten Blogbeitrag „Belege, Belege, Belege – mittelalterliche Folter oder moderne Effizienz“ erklärt. Unsere Entscheidung ist dabei grundsätzlich, dass wir dem Mandanten die Belegverantwortung zurückgeben.
Zur Erinnerung: Wenn ein Mandant einen Beleg vergisst, fragen wir nach. Kommt der Beleg nicht, fragen wir ein zweites Mal. Danach verbuchen wir nach „Aktenlage“, d.h. auf privat oder auf Verrechnungskonto. Ohne Beleg natürlich auch ohne Vorsteuer. Das funktioniert besonders auch bei Fibu und Lohn gut.
Letztes Jahr haben wir dadurch schon eine große Entspannung erlebt. Zusammen mit Angela und Cordula haben sich die delfi-net Kanzleien nun Gedanken gemacht, wie wir unsere Nachfragen noch besser formulieren können, damit Mandanten noch schneller und genauer antworten können.
Mails mit Wumms, die erste – damit die Botschaft wirklich ankommt
Mails sind in unserer Branche (noch) nicht weg zu denken. Wir gehen zwar gerade dazu über, durch ein Mandantenportal die Zusammenarbeit mit unseren Mandanten noch besser und automatisierter zu machen – dazu ein anderes Mal. Egal, ob wir per Mail, per Telefon oder per Portalnachricht mit unseren Mandanten kommunizieren: Meist sind wir es, die vom Mandanten etwas wollen. Einen fehlenden Beleg, eine Information, eine Unterschrift, etc. Hier ist eine zielführende und wertschätzen Ende Kommunikation wichtig. Und nun unsere sieben Tipps für Mails, die nicht nur ankommen, sondern den Mandanten auch zum Handeln bringen. Mails mit Wumms eben. Am besten natürlich gleich mit unserer ersten Rückfragemail.
Tipp 1: Mails mit Wumms - Der „sprechende“ Betreff
Haltet den Betreff so konkret wie möglich. Versucht hier auch, die Motivation Eurer Mandanten zu fördern. „Jahresabschluss 2020“ oder „fehlende Belege“ ist für Eure Mandanten zu allgemein und passiv.
Besser: „Nur noch drei Belege und Ihre Bilanz 2022 ist fertig.“ Oder: „Ihre Unterschrift ist gefragt.“ So können Eure Mandanten gleich abschätzen, was zu tun ist. Wenn möglich, könnt Ihr auch den benötigten Zeitaufwand mit aufnehmen: „5 Minuten und Ihre Unterschrift für die Bilanz ist erledigt.“
Tipp 2: Mails mit Wumms - Die gewohnte Anrede
Eine Mail ist weniger förmlich als ein Brief. Nutzt also die Anrede, die Ihr auch im persönlichen Gespräch mit dem Empfänger der Mail gebrauchen würdet. Wenn das tatsächlich „Sehr geehrte Frau Müller“ ist, auch gut. Ihr duzt den Mandanten oder dessen Angestellte? Dann auch in der Rückfrage.
Tipp 3: Mails mit Wumms - Worum geht es?
Sagt im ersten Satz, worum es konkret geht: „Ich bearbeite gerade Ihren Jahresabschluss 2022“. Eure Mandanten können so einordnen, was gerade bei Euch in der Kanzlei passiert – das können sie ja nicht wissen. Gerne auch noch konkreter: „Für Ihren Jahresabschluss 2022 fehlt mir (nur) noch ….“.
Zusatztipp:
Wir nutzen für pfiffige Betreffs und Texte Chat GPT oder den Copiloten von Microsoft. „Man“ darf sich ja helfen lassen😉 Mehr zum Thema Chat GPT und Co gibt es im Blogbeitrag „ChaGPT im Kanzleialltag für Steuerfachangestellte“
Tipp 4: Mails mit Wumms - Was ist zu tun?
Eine alte Organisationsregel sagt: Der Mandant tut das, was man ihm sagt. Sagt man nichts, tut er nichts. Ganz wichtig ist also die konkrete Handlungsaufforderung: „Bitte mailen Sie mir diese Rechnung bis zum ….“ „Unterschreiben Sie das anliegende Formular bitte unten rechts (alternativ: online unter diesem Link) und senden Sie es mir bis zum … per Mail/Unterschriftsportal zurück.“ Entscheidend ist hier, dass Eure Mandanten nicht nachdenken oder eine Entscheidung treffen müssen. Wichtig: Die „Frist“ nicht vergessen!
Tipp 5: Mails mit Wumms - Warum?
Wenn Ihr einen guten Grund habt, warum der Mandant tätig werden soll, lohnt es sich, diesen hier kurz zu nennen. Bitte keine langen Erklärungen mit Paragrafen. „Ohne einen unterschriebenen Vertrag für den Minijob werden Finanzamt und Sozialversicherung das Arbeitsverhältnis nicht anerkennen. So wird es zu hohen Nachzahlungen kommen.“
Zusatztipps:
- Solche Sätze könnt Ihr Euch als Textbausteine bzw. Mailvorlagen speichern. So spart Ihr Zeit.
- Wenn Ihr den Erfolg oder Schaden zahlenmäßig beziffern könnt, tut das: „Ohne einen unterschriebenen Vertrag für den Minijob werden Finanzamt und Sozialversicherung das Arbeitsverhältnis nicht anerkennen. So wird es zu einer Nachzahlung von ca. X € pro Mitarbeiter kommen.“ (Das lässt sich ja einmal ungefähr ausrechnen.)
Tipp 6: Mails mit Wumms - Kurz, kurz, kurz
Eine Mail sollte nicht mehr als 5 Sätze mit je nicht mehr als 14 Wörtern haben. Alles andere gehört in den Anhang. Das betrifft auch Fragelisten. Fasst Euch kurz – denkt daran, dass auch Eure Mandanten viel zu tun haben und bei der Durchsicht der Mails vor langen Lesezeiten zurückschrecken.
Tipp 7: Mails mit Wumms - Danke „vorab“
Wieso das? Der Mandant hat ja noch gar nichts getan? Tatsächlich gibt es eine Studie eines Mail-PlugIn-Anbieters, die herausgefunden hat, dass ein „Danke vorab“ zu einer deutlichen Erhöhung der Antwortrate bei Mails führt. Die besten Schlusssätze:
„Danke im Voraus“ – 65,7 %
„Danke“ – 63,0 %
„Ich danke Ihnen“ – 57,9 %
Der Trick: Implizit gehen wir wie selbstverständlich davon aus, dass der Mandant unserer Handlungsaufforderung nachkommen wird.
Übrigens: Steht unter der Mail das übliche „Mit freundlichen Grüßen“, geht die Antwortrate auf ca. 50 % zurück …
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass meine Mails nicht nur besser, sondern auch schneller beantwortet werden, seit ich die Tipps konsequent anwende.
Mails mit Wumms, die zweite – Konsequenzen aufzeigen
Das Ergebnis der Fibu sind die BWA und die UStVA, beim Abschluss die Bilanz und die Steuererklärungen, bei privaten Mandanten die Einkommensteuer, … Fehlen „wichtige“ Belege, können wir unsere Dienstleistung nicht fertig stellen. Die Mail mit Wumms:
„Betreff: Ihre Umsatzsteuervoranmeldung/ Bilanz/ EST/ … ist in Gefahr.
Einen schönen guten Tag Frau Säumig, mir fehlt immer noch …. Bitte senden Sie mir Beleg xy innerhalb dieser Woche (genaues Datum in Klammern hinzufügen!). Sie vermeiden damit folgende Konsequenzen:
Ohne diese Information kann ich Ihre Fibu/ … nicht fertig stellen. Die Folge: Das Finanzamt wird Ihre Umsatzsteuervorauszahlung schätzen – wahrscheinlich höher als notwendig. Zusätzlich werden Sie Verspätungszuschläge zahlen müssen. Unsere Mehrarbeit durch die nach endgültiger Fertigstellung notwendigen Anträge auf Änderung und Erlass der Zuschläge werden wir wie vereinbart (hoffentlich!) mit X € pro Stunde abrechnen.
Ich danke im Voraus.“
Welche Konsequenzen Ihr Euch überlegen könnt, findet Ihr im Blogbeitrag „Spielregeln der Zusammenarbeit“
Zusatztipp:
Solche Texte für die verschiedenen Dienstleistungen haben wir als Mail-Vorlagen gespeichert. Über den pfiffigen Betreff individualisieren wir diese Mails/ Nachrichten nun auf die jeweils aktuelle Situation beim einzelnen Mandanten.
Einer meiner Lieblingsbetreffs bei Steuererklärungen ist:
„Ihre Einkommensteuererstattung wartet noch …“
Fazit Mails mit Wumms – kurz und auf den Punkt
Seit ich die Tipps anwende, hat sich die Erfolgsquote beim Eingang fehlender Belege/ Informationen/ Unterschriften deutlich verbessert. Was mir gut gefällt: Ich darf in meinen Mails weiterhin „nett“ sein und trotzdem über die Nennung der Konsequenzen zielgerichtet das Handeln des Mandanten einfordern. Einen Zusatz-Wumms habe ich dadurch geschafft, dass ich mich bei einigen Mandanten n a c h der Zusendung des Belegs sofort noch mal für die prompte Lieferung nett bedankt habe.
Übrigens: Wir merken, dass sich auch unsere Kommunikation im Team entsprechend verändert hat. Auch für uns ist es ja so viel einfacher, sofort zu wissen, worum es in einer internen Mail bzw. einem Chat geht. Also Win-Win-Wumms!
PS: Mehr zum Thema interne Kanzleikommunikation findest Du im Blogbeitrag „Interne Kanzleikommunikation smart– in 3 Schritten zur klugen Kanal-Wahl“
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