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Belege, Belege, Belege – mittelalterliche Folter oder moderne Effizienz?

Belege mittelalterliche Folter

Ohne Belege geht bei uns gar nichts. Der eherne Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ gilt schon immer.


Oha, wenn unsere Chefin hört „Haben wir schon immer so gemacht!“, geht die rote Warnlampe an. Wir kennen das schon und wir lieben es nicht immer. Aber da wir durch die rote Warnlampe schon manche gute Idee hatten, haben wir uns auch das Thema Belege noch mal grundsätzlich angeschaut.

Ohne Belege geht es nicht?

Was soll das Fragezeichen in der Überschrift? Ist unsere Kanzlei unter die Revoluzzer gegangen – sind wir jetzt quasi die „letzte Generation“ für den Steuerwandel?
Natürlich geht es nicht ohne Belege, oder? Wir formulieren das hier durchaus etwas provokant anders: Natürlich geht es nicht g a n z ohne Belege.

Wir haben uns zunächst zwei Fragen gestellt:

  • Gibt es Belege, ohne die es doch geht? Also: welche Belege sind wirklich relevant?
  •  Muss der Beleg immer auch bei uns „persönlich“ präsent sein?? 

Beleg-Relevanz: Welche Belege zählen wirklich?

Das Jahresthema „smart work“ im delfi-net hat uns dazu gebracht, die Kanzlei vom Ergebnis her zu denken. Denn für uns bedeutet smart work, sich auf das zu fokussieren, das eine merkbare (positive) Auswirkung auf das gewünschte Ergebnis hat. Für unsere Chefs heißt das natürlich in letzter Konsequenz: Gewinn. Für uns als Mitarbeiter bedeutet es, diesen Gewinn ohne Stress und mit möglichst wenig Aufwand zu erreichen.

Bezogen auf unsere Kanzleiprozesse hat jeder Prozess für sich ein eigenes Ergebnis.

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Beispiele für Prozessergebnisse

  • Beim Prozess Fibu ist das gewünschte Ergebnis eine „aussagekräftige“ BWA. Die meisten Kanzleien meinen damit: Steuerlich ist die BWA korrekt (Kontierung von Kasse und Bank stimmen, UStVA ist korrekt). Betriebswirtschaftlich zeigt die BWA ein unterjährig schon abgegrenztes Bild der Ertrags- und Liquiditätssituation des Unternehmens (von Kanzlei zu Kanzlei gibt es dabei unterschiedliche Definitionen der „Aussagekraft – wichtig ist hier, dass es überhaupt eine Definition dieses Begriffes gibt, denn er ist für uns als Mitarbeiter mitnichten selbsterklärend).
  • Beim Prozess Liquiditätsplanung ist das gewünschte Ergebnis eine Übersicht über die Zahlungsflüsse in der nahen bis fernen Zukunft. „Aussagekraft“ ist hier ebenfalls zu Beginn zu definieren. Gerade bei Planungen sollte klar sein, bis auf wie viele Stellen vor dem Komma es denn nun genau sein muss – richtig gelesen: Die Stellen hinter dem Komma sind hier eh komplett irrelevant.

Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, brauchen wir Informationen – gerne in Form von Belegen. Die Frage ist – welche Belege habe einen merkbaren Einfluss auf das Ergebnis?Unsere Arbeitshypothese war: Es gibt Belege mit Beträgen, deren Einfluss auf das Ergebnis „vernachlässigbar“ sind

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Beispiele für „Belege 2. Klasse“

  • wiederkehrende Kostenbelege, die per Bank/ Kreditkarte und Co bezahlt werden
    Bei Telekom, Strom, Apps und ähnlichen Ausgaben wird der Kontoauszug quasi zum Beleg – zumindest ab der zweiten Zahlung. Heute sind die meisten dieser Rechnungen beim Anbieter einsehbar und können zur Not jederzeit heruntergeladen werden.
  • Belege mit mehreren Kostenarten – bestes Beispiel: die berühmte Metro-Rechnung. 
    Keine Frage: Die aufschlagsrelevanten Positionen über den Wareneinkauf sind für die aussagekräftige BWA (und für den Fall der Bp) eindeutig relevant! Ob der Rest überwiegend Büromaterial (gibt es das eigentlich noch? 😇) oder Reinigungsmittel sind – hat keinerlei Gewinnauswirkung …
  • Kleinbelege bzw. kleinere Positionen auf Rechnungen
    Der „Schnipsel“ vom Parkhaus – extrem verlustgefährdet. Genau wie der Bon vom Supermarkt für das Bürofrühstück. 
    Bei Barzahlung erübrigt sich das Problem oft, denn „ohne Beleg keine Buchung“ 😉.
    Nicht zuletzt deshalb sollte aus unserer Sicht ein Unternehmer, der nichts „Dunkles“ im Schilde führt, Barzahlung meiden.
    Bietet das Parkhaus bargeldlose Zahlung an – wird auch hier der Kontoauszug zum Beleg. 

Nur zu Deiner Beruhigung: Natürlich ist uns bewusst, dass es da so etwas wie Umsatzsteuer gibt. Die Entscheidung, wie relevant einzelne Belege für die Vorsteuer sind, bleibt also im Moment offen. Dazu später mehr.

Beleg-Präsenz: Immer in der Kanzlei?

„Früher“ konnten und mussten wir jeden Beleg physisch in der Hand gehabt haben, ehe er verbucht werden konnte. Davon verabschieden wir uns gerade Schritt für Schritt. Jetzt sehen wir den Beleg (hoffentlich) schon nur noch auf dem Bildschirm. Bei den Ausgangsrechnungen unserer Mandanten sehen wir schon an vielen Stellen gar keine Rechnungen mehr – Stichwort: Schnittstellen. In Zukunft werden Belege aus Datensätzen bestehen – ein „Dokument“ wird es nicht mehr geben.
Da bekommt die Beleg-Relevanz aus unserer Sicht übrigens etwas Schizophrenes: 
Den Tankbeleg über 75 € will ich als Sachbearbeiterin unbedingt sehen – da könnte ja noch ein privates „Snickers“ drauf sein😱. Die Ausgangsrechnung des Mandanten über 15.000 €, die laut Schnittstelle erstmals eine steuerfreie Ausfuhrlieferung sein soll, verbuche ich „ungesehen“? Hmmm! 

smartee zeigt nach oben

Risikomanagement als Schlüssel zur Effizienz

Das Finanzamt macht es uns vor. Über die Risikoklassen und solche Regelungen wie „Belege für Haushaltsnahe Leistungen nur auf Abruf“ hat sich das Finanzamt einen Effizienzvorteil erarbeitet. 
Ja, ich weiß, und Ihr könnt nachher die angeforderten Belege hinterherschicken.
Grundsätzlich ist eine unterschiedliche „Bearbeitungstiefe“ dennoch sinnvoll. Warum buchen wir häufig immer noch den kleinen Freelancer mindestens so genau wie die große Apotheke?

SmarteeTipp

Smartee Tipp:

Wir haben in der Kanzlei eine Workshop gemacht.
Titel: „Wenn die BP zweimal klingelt.
Der Hintergrund: Viele von uns sind bei einer Bp nicht dabei. Sie kennen die „alte“ BP: Die Prüferin nimmt jeden Beleg in die Hand (oder schaut ihn digital an). 
Kurz nachdenken bitte: Wie oft kommt bei der Bp heraus: Die Buchhaltung der Kanzlei ist unterirdisch, daher Zuschätzung?
Ich hoffe doch eher nie oder?
Was denkt die Sachbearbeiterin? „Gut, dass ich soo genau gebucht habe … mache ich weiter so.“
Der BP-Workshop hat uns gezeigt, wo der Prüfer wirklich hinschaut – und das ist tatsächlich nicht das Snickers an der Tanke ;-). Dafür sind wir jetzt deutlich sensibler für zum Beispiel Verträge des Mandanten.

Fordere die Beleg-Verantwortung Deiner Mandanten ein

Die Belege gehören den MandantInnen. Warum fühlen wir uns fast mehr verantwortlich als sie?
Wenn eine Mandantin keine Energie oder kein Interesse für einen Beleg aufbringt, der aus ihrer Sicht irrelevant ist, strengen wir uns doppelt an?
Die Frage ist: Was ist unsere Aufgabe?
Belege sammeln? Oder die vorhandenen Belege korrekt zu verbuchen?

Drehen wir den Grundsatz doch mal um:
„Keine Buchung ohne Beleg“ wird dann zu „Ohne Beleg keine Buchung.“
Die letzte Verantwortung für eine Aufgabe sollte grundsätzlich bei dem liegen, der die Möglichkeit hat, sie zu erledigen. In diesem Fall ist das derjenige, der bei der „Geburt“ des Beleges dabei ist. Und das seid einfach nicht Ihr.

In meinem Blogartikel „Spielregeln der Zusammenarbeit“ findet Ihr weitere Tipps zur besseren Zusammenarbeit mit den Mandanten.

Dackel mit Papierschnipsel
SmarteeTipp

Smartee Tipp:

Wir haben für uns eine Entscheidung getroffen: Natürlich darf jeder Mandant mal etwas vergessen … Ein „vergessener“ Beleg zieht eine Rückfrage nach sich. Danach gibt es e i n e Erinnerung. Dann wird der Beleg „nach Aktenlage“ verbucht im Zweifel auf „Privat“.
Und hier kommt die Umsatzsteuer ins Spiel. Da bleiben wir „sauber“ – keine Vorsteuer ohne Beleg (es sei denn der Kontoauszug mit der Telekom-Belastung …). Wir haben für uns definiert, welche Belege bei uns in der Kanzlei zur „1. Klasse“ gehören, also relevant u n d präsent sein sollen.
Anhand dieser Kriterien sind wir Mitarbeitenden jetzt in der Lage, selbst zu entscheiden.

Fazit: Schluss mit der Beleginquisition

Mandanten empfinden unsere Rückfragen oft als „Belegfolter“. Schon wenn unsere Nummer im Display oder unsere Mailadresse in der Inbox erscheint, schüttet der „vergessliche“ Mandant Stresshormone aus. Muss das sein?
Auch wenn wir an Belege „glauben“ und sie lieben. Wer wären wir, wenn wir unseren Glauben anderen aufzwingen? Wir lassen zukünftig unsere Mandantenentscheiden, welche Belege ihnen wirklich wichtig sind – Nachhilfe ist natürlich im Angebot. Nicht aber mehr als eine Rückfrage. Wir wollen keine Beleg-Fundamentalisten sein. Diese Rolle überlassen wir gerne dem Finanzamt. 😉

Bildquellen

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Eure Smartee

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