Go digital ist das neue Motto – und es hat ja auch viele Vorteile. Aber es gibt soo viele Baustellen. Ich bin bei uns in der Kanzlei die Digitalisierungsbeauftragte oder wie meine Chefin mich schon mal nennt: CDO – Chief Digital Officer😎. Und es macht mir Spaß, digitale Möglichkeiten und Tools auszukundschaften, und dann in der Kanzlei einzuführen. Allerdings muss ich immer höllisch aufpassen, nicht den Überblick zu verlieren. Außerdem wollen wir alle Kollegen einbeziehen und unterstützen. Daher haben wir uns einen roten Faden überlegt, den ich Dir heute vorstellen will.
Go digital – eigentlich nichts Neues
Ich habe mich neulich mit meiner Kollegin Jutta, die schon 25 Jahre in der Kanzlei ist, unterhalten. Sie hat mir erzählt wie Buchhaltung früher ablief:
- Belege zusammen sammeln – Rest anfordern (manche Dinge ändern sich nie 😉)
- Kontieren – also mit Kugelschreiber rote Kontennummern auf die (Papier-) Bankauszüge des Mandanten schreiben
- Buchungssätze in das Programm eingeben
- 2 Tage auf die Kontenblätter und die Auswertungen von der DATEV warten (natürlich alles in Papier)
- Bei Änderungen: same procedure again
Wahnsinn – das ginge heute gar nicht mehr. Daran kannst Du sehen, wie viel Digitalisierung schon passiert ist. Go digital ist also ganz normal.
Trotzdem hat die Digitalisierung jetzt noch mal so richtig Fahrt aufgenommen. Nicht nur gefühlt ein Megaprojekt.
Im Impulsvideo zeigen wir die Etappen für sinnvolle Digitalisierung auf. Diese Webinaraufzeichnung ist für Kanzleimitarbeiter gratis.
Wie man ein (digitales) Mammut isst
Wie isst man am besten ein Mammut? Ganz klar: in Scheiben. Ansonsten verdirbt man sich den Magen. Das Mega-Projekt Go digital steht bestimmt auch in Deiner Kanzlei ganz oben auf der Liste, oder? Der Unterschied zum Mammut: Selbst bei einem so großen Tier weiß man, wo der Anfang und das Ende ist. Die Digitalisierung gibt es schon eine Weile – ein Ende ist nicht abzusehen. Sie wird uns das ganze Berufsleben begleiten.
Ich zeige Dir wie wir uns die Projekte in verdauliche Häppchen aufteilen.
Go digital: Der sinnvolle Ansatzpunkt - Die Prozesse
Go digital ist so formuliert einfach viel zu allgemein. Was wir brauchen, sind konkrete Ansatzpunkte. In den meisten Kanzleien gibt es so etwas wie ein Qualitätsmanagement – die wichtigsten Prozesse sind zumindest vom Ablauf beschrieben. Hier setzen wir konkret an.
Schritt 1: Prozessschritte als „Digitalisierungsanker“
Wir nehmen uns einzelne Prozesse vor und analysieren, ob es dort zusätzliche Digitalisierungsmöglichkeiten gibt.
Das Beispiel für den Einkommensteuerprozess kannst Du hier (zugegeben vereinfacht) downloaden.
Schritt 2: Gemeinsamkeiten finden
Im nächsten Schritt überlegen wir, welche Digitalisierungsmaßnahmen mehrere Prozesse betreffen.
Beispiel: digitale Unterschrift
In verschiedenen Prozessen muss der Mandant etwas unterschreiben: Bei Mandatsbeginn Verträge und Vollmachten und in den Steuererklärungen die Freigabe. In der Beratung ist es dann vielleicht die Auftragsbestätigung.
Wir brauchen also eine Go digital-Lösung, die für verschiedene Prozesse funktioniert. Gar nicht so einfach: Unsere Kanzleisoftware hat ein paar Funktionen schon im Bauch – aber will der Mandant für jede Unterschrift ein anderes Tool nutzen? Wenn wir eine andere Lösung nutzen, soll sie aber so gut wie möglich in unsere Kanzleiwelt eingebunden sein.
Wir sind da noch in der Testphase – ich berichte später.
Es ergeben sich durch die „Prozessakkupunktur“ kleinere Projekte, die nur einen bestimmten Schritt in einem Prozess betreffen, häufig finden wir jedoch „größere“ Projekte, die für mehrere Prozesse wichtig sind (Welches Mandantenportal wollen wir nutzen?).
Jedes Projekt bekommt im ersten Schritt ein eigenes Post It an der Wand. Und Projekt-Post Its haben wir meist reichlich 😉. Alle gleichzeitig angehen bringt erfahrungsgemäß wenig Freude.
Schritt 3: Projekte priorisieren
Wir haben für uns herausgefunden, dass die Suche nach dem „Wichtigsten“ oder „Dringendsten“ Projekt nicht wirklich funktioniert. Gefühlt sind alle Projekte immer irgendwie Triple A 🙄. Darüber gab es oft endlose Diskussionen … Deswegen machen wir es jetzt anders:
Wir wählen unsere Projekte einfach nach der Reihenfolge: Was machen wir zuerst? Was danach? Wenn man nämlich genau hinschaut, gibt es keine feste Reihenfolge der Digitalisierung – bei go digital hängt irgendwie alles mit allem zusammen.
Smartee-Tipp: Erst die „Zombies“ ausbuddeln
Als wir mit dieser Methode angefangen haben, hatten wir schon jede Menge „Zombie-Projekte“ – irgendwann mal mit Vollgas angefangen und dann stark abgebremst 😚. Also haben wir nicht mit neuen Projekten angefangen, sondern zuerst die Zombies gesichtet. Einige hatten sich durch Liegenlassen erledigt (auch mal cool), andere waren noch aktuell und sie blieben in unserem Projektplan.
Ganz wichtig: Bevor wir ein neues Projekt beginnen, muss ein Altes beendet sein.
Schritt 4: go digital-Projektverantwortung verteilen
Früher hatten wir lose Projektgruppen. Das Ergebnis: Zombies, s. o.
Unsere Erkenntnis: Gerade bei Go digital Projekten muss eine(r) den Hut aufhaben. Das heißt nicht, sie oder er muss alles alleine machen, aber die oder der „P1“ muss dafür sorgen, dass das Projekt sein Ziel erreicht.
Wichtig: Jeder kann gleichzeitig nur für ein Projekt P1 sein.
Für dieses hat er oder sie den Hut auf, bis es beendet ist. Erst dann wird das nächste Projekt in Angriff genommen.
Wir sind in unserer Kanzlei 15 Kollegen – meist machen wir Dreier-Teams, so dass maximal 5 Projekte gleichzeitig laufen. Also gibt es auch max. fünf P1 gleichzeitig. Und: Jeder macht mal die P1 für ein Projekt – so verteilen wir die Verantwortung gerecht auf alle.
Mittlerweile sind wir mit dieser Projektmanagementmethode ganz gut – ein paar Zombies gibt es hin und wieder immer noch. In regelmäßigen Team-Meetings schauen wir auf unseren Projektplan – allzu lange können sich die Zombies bei uns nicht mehr verstecken 😎.
Smartee-Tipp: Digitalisierungsbeautragte(r)
Einige unserer delfi-net Kanzleien haben schon einen „CDO“ (Chief Digital Officer). Also jemanden, der oder die sich fast ausschließlich mit der Digitalisierung beschäftigen kann – das entlastet die anderen Kollegen.
Übrigens: Unsere neue Projektmanagementmethode haben wir in einem der Mitarbeiter-Workshops vom delfi-net kennen gelernt.
Der rote Faden für go digital – das konkrete Ziel
„Go digital“ hört sich cool an, ist aber eben genauso griffig wie Sponge Bob.
Um Euren Digitalisierungsprojekten für die nächsten Jahre einen gemeinsamen und konkreten Rahmen zu geben, bieten sich folgende „Etappenziele“ an:
- Go paperless – alle Prozesse papierlos, intern wie extern
- Go Portal – ein Portal für den Mandanten, über das Ihr allen Austausch regelt. Ein „Portal“ intern, über das Ihr zusammenarbeitet (z. B. MS Teams)
- Go Interface – Kampf den Medienbrüchen: Schnittstellen statt Scannen und PDF
- Go Cloud – auch die Kanzlei ist komplett in der Cloud
- Go out of Office – wir können jederzeit und von überall arbeiten und kommuniziere
Diese Etappenziele bauen durchaus aufeinander auf – also eine sinnvolle Reihenfolge, die Digitalisierung in Angriff zu nehmen.
Wir haben uns für die nächsten drei Jahre jeweils pro Jahr die ersten drei Ziele vorgenommen.
Und dann schauen wir wieder, ob sich andere Ziele ergeben.
Können wir uns vorstellen „Out of Office“ von zu Hause oder von irgendwo zu arbeiten? Einige von uns schon. In einem sind wir uns aber einig: Wir wollen auch in Zukunft gemeinsam im Büro Zeit verbringen – so richtig persönlich! Aber das eine schließt das andere ja nicht aus😇..
Mehr dazu erfährst du in unseren Blogartikeln
Also: go digital ...
… gehen wir systematisch an. Mit einem Projektmanagement und Jahres-Etappenzielen behalten alle den Überblick und wir machen uns nicht verrückt.
Im Impulsvideo zeigen wir die Etappen für sinnvolle Digitalisierung auf. Diese Webinaraufzeichnung ist für Kanzleimitarbeiter gratis.